Dieser Artikel erschien am 22.2.22 in der Zeitung „Märkischer Sonntag“:
Von Sabine Schulz
Eberswalde. Das erste Frühstück verließ am Dienstag um 7.05 Uhr die Küche in der Erich-Mühsam-Straße 48. Die Bewohner des Hospizes am Drachenkopf waren früh wach. Es gab auf Wunsch Grießbrei oder frisch zubereiteten Obstsalat. In der Küche stand neben Hauswirtschaftskraft Karola Franke und Pflegerin Anja Meyer der Koch Jan Eilers.
Essen und Trinken am Ende des Lebens ist ein Thema, mit dem sich das Team im Hospiz am Drachenkopf seit geraumer Zeit bewusst beschäftigt. Gesine Höhn, die Geschäftsführerin des Vereines „Auf dem Drachenkopf“, arbeitet dazu seit anderthalb Jahren mit dem prominenten Koch und Hausherren von Schloss Reichenow zusammen. Der 41-jährige Chef des renommierten Hauses am Rande der Märkischen Schweiz in Brandenburg war vom 2. Februar bis 16. Februar ehrenamtlich in Eberswalde zum Kochen. Er hatte extra Urlaub genommen.
Sein Motiv: Man fängt hier an, über das eigene Leben nachzudenken, den Sinn. „Die Arbeit hier nordet mich ein“ sagt er. Und ihn freut das direkte Feedback. So gab es letzte Woche Königsberger Klopse und eine der Bewohnerinnen im Hospiz kam aus Königsberg. So ein Lächeln auf ihren Lippen. Essen ist viel mehr als Nahrungsaufnahme, viele Emotionen, Erinnerungen können hier bewegt werden, weiß Jan Eilers. Und nicht zuletzt ist ein Freund, auch ein Koch, vor einiger Zeit an Magenkrebs in einem Berliner Hospiz gestorben. So hat Jan Eilers ganz persönlich erfahren, wie wichtig das Thema am Ende des Lebens sein kann.
Mit seiner Anwesenheit will er dem Team auch Mut machen, selbst und frisch zu kochen, zu backen, auf Fertigprodukte u.a. zu verzichten. „Er ist unkompliziert und folgt einer klaren Mission: Er kocht regional, nachhaltig“, so besçhreibt Geschäftsführerin Gesine Höhn den prominenten Unterstützer. Er hat zum Beispiel schnell mal Mürbekekse zum Kaffee gebacken und schon der Duft hier war ein Erlebnis, schwärmen die Mitarbeiter.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen bei allem Tun die gute Essbarkeit, auch bei Schluckbeschwerden sowie ein kräftiger Geschmack. Zum Mittag gab es am Dienstag z.B. Boulette mit Kartoffelpüree und gedünstetes frisches Gemüse vom Markt. Hausmannskost ist sehr beliebt.
„Das Fernziel soll sein, dass wir ein Konzept, ein Buch für die palliative Ernährung entwickeln – „Liebe, die durch den Magen geht“ oder „Das letzte Mahl“, so die Arbeitstitel – um den Bedürfnissen der Gäste so gut es geht gerecht zu werden“, unterstreichen beide. Das ganze Projekt wird komplett über Spendenmittel finanziert, so Geschäftsführerin Gesine Höhn.
Sie muss aktuell zur Kenntnis nehmen, dass die Krankenkassen des Landes massiv bei den Einrichtungen des Vereins „Auf dem Drachenkopf“ e. V. Personalkosten und Betriebskosten einsparen wollen. Die Verhandlungen laufen, so Höhn. Der kleine Verein trägt die Ambulante Hospizarbeit in Barnim und Uckermark, das Palliativ-Care-Team sowie das stationäre Hospiz in Eberswalde, letzteres seit weit über 20 Jahren.
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